
In den letzten Wochen ist das Thema Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Arbeitswelt verstärkt in den Fokus gerückt. In sozialen Netzwerken fordern junge Menschen mit Beeinträchtigungen mehr Sichtbarkeit und selbstbestimmte Arbeitsplätze. Diese Thematik wird unter anderem in dem Vox-Vierteiler „Herbstresidenz“ behandelt, der die Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen in einer Seniorenunterkunft beleuchtet. Werner Ludwigs-Dalkner, Geschäftsführer der Lebenshilfe Cuxhaven, zeigt sich jedoch skeptisch zu Inklusionsprojekten im Privatfernsehen und weist auf die oft härtere Realität in der Arbeitswelt hin, insbesondere im Pflegebereich.
Eine gesellschaftliche Bewegung akzeptiert die Benachteiligung behinderter Menschen und fordert, dass die diskriminierenden Ausgaben für soziale Unterstützung gesenkt werden. Laut Ludwigs-Dalkner empfinden 25-30% der Bevölkerung diese Ausgaben als zu hoch. In sozialen Medien wird außerdem eine Zunahme an verächtlichen Kommentaren gegen Menschen mit Behinderungen beobachtet. Das Recht auf Inklusion, welches in der UN-Behindertenkonvention verankert ist, wird von verschiedenen Kräften infrage gestellt. So ist der direkte Übergang von der Förderschule in die Werkstatt nicht mehr garantiert, was die Situation für viele junge Menschen erschwert.
Inklusionschancen und Herausforderungen
Gleichzeitig gibt es positive Beispiele, die zeigen, dass eine Integration in den regulären Arbeitsmarkt möglich ist. Beschäftigte aus der Grundsicherung haben die Möglichkeit, in Arbeitsplätze im Einzelhandel, Pflege, Gastronomie oder in der Schifffahrt zu wechseln. Die Lebenshilfe Cuxhaven unterstützt diesen Übergang durch gezielte Vorbereitung und Begleitung. Bei einem erfolgreichen Praktikum können Arbeitnehmer einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvertrag erhalten. Arbeitgeber können zudem Lohnkostenzuschüsse von bis zu 75% für behinderungsbedingte Einschränkungen beantragen, wobei der Anspruch auf Rückkehr in die Werkstatt für Beschäftigte bestehen bleibt.
Die Notwendigkeit von Inklusion in der Arbeitswelt wird auch durch die Tatsache untermauert, dass in Deutschland rund 10,4 Millionen Menschen mit Behinderungen leben, von denen 7,6 Millionen als schwerbehindert gelten. Nur etwa die Hälfte dieser Personen ist erwerbstätig oder hat eine abgeschlossene Ausbildung. Die Arbeitslosenquote unter Menschen mit Behinderungen liegt bei fast 11 Prozent, während sie bei Menschen ohne Behinderungen nur 5,7 Prozent beträgt. Zahlreiche Arbeitgeber zögern, Menschen mit Behinderungen einzustellen, was in Zeiten des Fachkräftemangels als verschenktes Potenzial angesehen wird, wie arbeitsagentur.de berichtet.
Die Arbeitgeber könnten durch rechtliche Vorgaben verpflichtet werden, Menschen mit Behinderungen einzustellen oder eine Ausgleichsabgabe zu zahlen. Trotz der UN-Behindertenrechtskonvention, die Inklusion seit 2009 als Menschenrecht betrachtet, existieren weiterhin Vorurteile und Unsicherheiten gegenüber Menschen mit Behinderungen. Reha-Beraterin Marion Winger betont die Bedeutung von Offenheit und Aufklärung auf Arbeitgeberseite, um Integrationsmaßnahmen erfolgreicher umzusetzen. Dariean Bahr, ein schwerbehinderter Arbeitnehmer, wurde von seinem Arbeitgeber DACHSER SE und der Agentur für Arbeit unterstützt, um einen barrierefreien Arbeitsplatz zu schaffen, was die soziale Verantwortung und Inklusionsphilosophie des Unternehmens verdeutlicht.