
In der ostfriesischen Stadt Leer fand am Samstag eine Demonstration gegen Rechtsextremismus und für Demokratie statt. Hunderte Menschen nahmen an der Kundgebung teil, darunter der 99-jährige Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg, der im Rollstuhl an dem Protestmarsch beteiligt war. Weinberg äußerte sich betroffen über die aktuelle Situation und setzte gemeinsam mit dem Fotokünstler Luigi Toscano ein Zeichen gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Beide kündigten an, ihre staatlichen Ehrungen an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zurückzugeben. Anlass für diese Entscheidung war ein Antrag zur Migrationspolitik im Bundestag, der mit Stimmen der AfD durchgesetzt wurde. Veranstalter gaben an, dass bis zu 1800 Menschen an der Demonstration teilnahmen, während die Polizei von rund 1500 Teilnehmer:innen sprach.
Forderungen und Botschaften der Demonstranten
Auf Schildern und Transparenten wurden klare Botschaften verbreitet, darunter „Demokratie ohne Haken“ und „Kien Tee för de AfD“. Weinberg und Toscano dokumentieren die Schicksale von Holocaust-Überlebenden im Rahmen des Projekts „Gegen das Vergessen“. Weinberg äußerte, es sei „unglaublich, dass ich mit fast 100 Jahren an einer solchen Kundgebung teilnehmen kann“.
Die Demonstration wurde vom Leeraner Bündnis für Demokratie und Vielfalt organisiert. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt trugen die Teilnehmer Regenbogen-Flaggen und drückten ihren Unmut über die politische Lage aus. Weinberg überlebte drei Konzentrationslager und erinnert seit seiner Rückkehr in die ostfriesische Heimat im Jahr 2012 in Schulen an seine Erfahrungen. Er wird in wenigen Wochen 100 Jahre alt, was seinen Auftritt bei der Kundgebung zusätzlich bedeutungsvoll macht, wie auch Welt berichtete. Toscano hat zudem ein vertrauliches Gespräch mit dem Bundespräsidenten in Schloss Bellevue angekündigt, um die Rückgabe seiner Auszeichnung zu besprechen.