
Ein 59-jähriger Lübecker, Stefan J., steht unter dem Vorwurf, das Konto seiner verstorbenen Lebensgefährtin systematisch leergeräumt zu haben. Bei den Ermittlungen wurde ein Schaden von 68.515 Euro festgestellt, der durch insgesamt 60 Abhebungen am Geldautomaten zu je 1.000 Euro sowie fünf Überweisungen verursacht wurde. Davon gingen drei Überweisungen auf sein eigenes Konto und zwei zur Begleichung eigener Rechnungen.
Obwohl Stefan J. 65 Taten gestand, sieht er sich selbst nicht in der Schuld. Seine Lebensgeschichte ist geprägt von finanziellen und sozialen Problemen. Nach einer Scheidung im Jahr 2005 fand er jedoch 2010 eine feste Anstellung und traf seine Lebensgefährtin, die ein Reihenhaus und Geld geerbt hatte. Gemeinsam hatten sie Zukunftspläne, und Stefan J. erhielt eine Generalvollmacht.
Gespräch mit der Mutter der Verstorbenen und rechtliche Folgen
Die Lebensgefährtin erkrankte Ende 2021 und verstarb plötzlich im Frühjahr 2022. In einem Gespräch mit der Mutter der Verstorbenen wurde ihm gesagt: „Dann erbst Du ja jetzt alles.“ Dies führte dazu, dass er das Konto leerräumte und das Geld für Schulden sowie einen Wohnwagen verwendete. Das Nachlassgericht stellte jedoch fest, dass Stefan J. nicht erbberechtigt war, da weder eine Ehe noch ein Testament vorhanden waren. In Folge der anonymen Anzeige wegen Betrugs durch die Mutter der Verstorbenen entschied das Gericht, dass kein vorsätzlicher Betrug erkennbar sei.
Das Verfahren wurde eingestellt, allerdings unter der Auflage, 100 ehrenamtliche Arbeitsstunden abzuleisten. Der Vorfall wirft Fragen zum Missbrauch von Vollmachten auf, denn die Missbrauchsmöglichkeiten sind erheblich. Wie der Erbrecht-Ratgeber berichtet, sollten Erben im Zweifel die Vollmachten des Erblassers sofort widerrufen. Der vorsätzliche Missbrauch einer Vollmacht kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, und Erben haben einen Auskunftsanspruch gegen die Bevollmächtigten.