
Die Novelle „The Turn of the Screw“ von Henry James, die 1898 veröffentlicht wurde, wird oft als einer der ersten Psychothriller angesehen. Diese packende Geschichte ist auch die Grundlage für die Oper von Benjamin Britten, die 1954 in Venedig ihre Uraufführung erlebte. Die Handlung folgt einer jungen Gouvernante, die die Verantwortung für die Erziehung der verwaisten Kinder Flora und Miles auf einem englischen Landsitz übernimmt. Unterstützt wird sie dabei von der Haushälterin Mrs. Grose. Während ihres Aufenthalts geschehen unerklärliche und beunruhigende Ereignisse, ausgelöst durch die Geister der früheren Erzieherin Miss Jessel und des Hausdieners Peter Quint, die versuchen, Einfluss auf die Kinder auszuüben. Dabei wird das Thema Kindesmissbrauch angedeutet, jedoch nicht explizit thematisiert. Die Frage, ob die geisterhaften Erscheinungen tatsächlich real sind oder nur in der Fantasie der Gouvernante existieren, bleibt unbeantwortet.
Regisseur Georg Heckel hat seine Inszenierung aus dem Jahr 2022 nach Oldenburg transferiert. Das Bühnenbild, gestaltet von Okarina Peter und Timo Dentler, verzichtet auf klassische Gruselatmosphäre und stellt stattdessen drei große Rahmen dar, die psychische Abgründe symbolisieren. Diese Inszenierung eröffnet den Zuschauern die Möglichkeit, eigene Deutungen zu entwickeln und ihre Fantasie zu aktivieren. Die Oper besteht aus sechzehn Szenen, die durch instrumentale Zwischenspiele verbunden sind. Brittens Musik, die subtil und doppeldeutig ist, wird von lediglich dreizehn Musikern dargeboten und erzeugt einen raffinierten Klang. Unter den Szenen wird insbesondere die Kirchenszene hervorgehoben. Positives Feedback erhielt Melanie Boisvert in der Rolle der Gouvernante sowie Monika Walerowicz als Mrs. Grose. Auch Elias Nickel als Miles und Neima Fischer als Flora erhielten Anerkennung. Die Untoten Miss Jessel und Peter Quint werden von Adréana Kraschewski und Johannes Leander Maas präsentiert, die ihre Rollen auf subtile Weise interpretieren. Das Oldenburgische Theater zeigt mit „Xerxes“, „Die Vögel“ und „The Turn of the Screw“ drei eher unbekanntere Opern in Folge.
Hintergrundinformationen zur Oper
Die Oper „The Turn of the Screw“ wurde 1954 von der Biennale in Venedig in Auftrag gegeben und feierte ihre Weltpremiere am 14. September 1954 im Teatro La Fenice, dirigiert von Benjamin Britten selbst. Die englische Premiere fand am 6. Oktober 1954 durch die Sadler’s Wells Opera in London statt, gefolgt von der nordamerikanischen Premiere am 23. August 1957 beim Stratford Festival in Kanada. Seither wird die Oper regelmäßig weltweit aufgeführt. Die Geschichte spielt in der Mitte des 19. Jahrhunderts in einem englischen Landhaus namens Bly und wird von einem männlichen Prolog erzählt, der die Bedenken der Gouvernante über ihre neue Anstellung und die Kinder schildert. Diese Bedenken verstärken sich, als sie Geister von Peter Quint und Miss Jessel sieht, die eine Bedrohung für die Kinder darstellen. Die Gouvernante kämpft darum, die Kinder zu schützen, während sie mit den Erscheinungen konfrontiert wird. Die dramatische Erzählung endet tragisch mit dem Tod von Miles, was die Gouvernante mit dem Gefühl des Versagens zurücklässt.