Erste Einblicke in Suizidassistenz: Ärzte berichten aus der Praxis!

Erste Einblicke in Suizidassistenz: Ärzte berichten aus der Praxis!
Bergen auf Rügen, Deutschland - In Deutschland ist der assistierte Suizid seit 2020 legal, was ein bedeutendes Umdenken in der Gesellschaft und im Gesundheitswesen nach sich zieht. Heute wurden die ersten Ergebnisse des Bericht- und Lernsystems „Anfragen und Praxis bezüglich Assistenz bei der Selbsttötung“ vorgestellt, das Ärzteblatt ins Leben gerufen hat. Initiiert wurde das Forschungsnetzwerk zur Suizidassistenz im Oktober 2024 und erfreut sich der Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Die vorliegenden Daten stammen aus der ersten Auswertung von 133 Fällen, in denen Ärzte anonym Erfahrungen mit Anfragen zur Suizidassistenz dokumentierten. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Mehrheit der Berichtenden unter bestimmten Bedingungen vorstellen kann, Suizidassistenz zu leisten. Die Anfragenden sind meist über 70 Jahre alt und leiden an chronischen Erkrankungen, häufig an Krebs oder anderen schweren Leiden. Das drängendste Anliegen der Patienten ist oft die Sorge um den Verlust ihrer Selbstbestimmung.
Die Realität der Suizidassistenz
In 22 der 133 behandelten Fälle wurde tatsächlich Suizidassistenz geleistet – in 17 Fällen geschah dies durch die Infusion eines Narkosemittels. Insgesamt blieb in 18 Fällen der Suizidassistenz eine einfache geplante Unterstützung und in 46 Situationen gab es keine Assistenz, obwohl eine Anfrage gestellt wurde. Dabei waren in drei Vierteln der Fälle Ärzte in die Prüfung der Freiverantwortlichkeit des Suizidwunsches involviert, was zeigt, wie ernsthaft diese Entscheidungen behandelt werden.
Das Thema bleibt jedoch umstritten. Im Jahr 2023 haben über 400 Menschen in Deutschland assistierten Suizid in Anspruch genommen, und dennoch wurden Ärzte in verschiedenen Fällen verurteilt, wenn sie Sterbewilligen beim Suizid halfen – etwa in Berlin und Essen. Der rechtliche Rahmen bleibt unsicher, da der Bundestag 2023 über zwei Gesetzentwürfe zur Regelung der Suizidassistenz abstimmte, jedoch keine Einigung erzielt wurde.
Gesetzgeberischer Handlungsbedarf
Die Diskussion um die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Suizidassistenz ist nach wie vor am Laufen. Die DGVT hebt die Notwendigkeit eines klaren, schrittweisen Verfahrens hervor, welches die Beratung, Begutachtung und Dokumentation von Suizidwünschen umfasst. Während einige Experten wie Psychiater Thomas Pollmächer ein festgeschriebenes Verfahren fordern, sieht die Bundesärztekammer die Assistenz beim Suizid nicht als ärztliche Aufgabe an.
Die Gesetzentwürfe unterscheiden sich stark: Während die Gruppe Castellucci (SPD) eine strafrechtliche Regelung anstrebt, lehnen die Gruppen von Künast (Bündnis 90/Die Grünen) und Helling-Plahr (FDP) diese ab und setzen auf Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben. Es bleibt fraglich, wer für die künftige Regulierung zuständig sein wird und wie sich die Situation weiter entwickeln könnte.
Suizidprävention und Unterstützung
Trotz der Unsicherheiten in der Regelung der Suizidassistenz bleibt der Bedarf an Unterstützung und Aufklärung hoch. Zahlreiche Anlaufstellen bieten kostenfreie Hilfe bei Suizidgedanken an. Betroffene können sich unter Notruf 112 oder bei der Telefonseelsorge unter 0800/1110111 melden. Ein Suizidpräventionsgesetz, das im Bundestag mit über 99% Zustimmung angenommen wurde, soll bis zum 30. Juni 2024 umgesetzt werden und darauf abzielen, suizidpräventive Angebote zu fördern und zu unterstützen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der assistierte Suizid in Deutschland eine komplexe und emotional belastende Thematik ist, die weiterhin intensiv diskutiert werden muss. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass ein Dialog zwischen Politik, Medizin und Gesellschaft dringend erforderlich ist, um den Betroffenen gerecht zu werden und gleichzeitig die Selbstbestimmungsrechte zu wahren.
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Ort | Bergen auf Rügen, Deutschland |
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