Berlin

Beschwerde gegen Meldepflicht: Gesellschaft für Freiheitsrechte und Ärzte der Welt fordern Zugang zur ärztlichen Versorgung

Europäische Kommission erhält Beschwerde über Meldepflicht für Menschen ohne Papiere

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Ärzte der Welt reichen zusammen mit 45 weiteren Organisationen eine formelle Beschwerde bei der Europäischen Kommission ein. Diese Beschwerde betrifft die seit über 30 Jahren bestehende Meldepflicht, die Menschen ohne Papiere faktisch von medizinischer Versorgung ausschließt. Trotz des Koalitionsversprechens, Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus eine medizinische Basisversorgung zu ermöglichen, scheint es in dieser Legislaturperiode keine Fortschritte zu geben.

Die EU-Grundrechtecharta garantiert das Recht auf ärztliche Versorgung, doch Deutschland verstößt mit der Meldepflicht im Gesundheitswesen gegen europarechtliche und verfassungsrechtliche Vorgaben. In keinem anderen europäischen Land sind die für die Gesundheitsversorgung zuständigen staatlichen Anlaufstellen verpflichtet, Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus zu melden.

Tatsächlich haben Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus in Deutschland formal Anspruch auf Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände. Doch sobald sie sich an die Sozialbehörde wenden, um den erforderlichen Behandlungsschein zu erhalten, droht ihnen die Abschiebung. Die Sozialbehörde ist dazu verpflichtet, die Daten an die Ausländerbehörde weiterzugeben. Aus Angst vor Abschiebung meiden Betroffene daher den Gang zum Arzt.

Die Auswirkungen dieser Situation sind gravierend. Hunderttausende Menschen leben in Deutschland ohne Zugang zu ärztlicher Versorgung, darunter auch Kinder. Lebensbedrohliche und ansteckende Krankheiten bleiben unbehandelt, bis es zu einem absoluten Notfall kommt.

Anstatt die angekündigte Reform umzusetzen und den Gesundheitsbereich von der Meldepflicht auszunehmen, verschärft die Bundesregierung die Vorschriften zum Datenaustausch im Ausländer- und Sozialrecht. Das Bündnis aus GFF und Ärzte der Welt legt daher erneut eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission vor und rügt eine Verletzung der europäischen Datenschutzvorgaben und des Rechts auf Gesundheitsversorgung.

Zusammen mit über 80 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen engagieren sich die GFF und Ärzte der Welt seit 2021 in der Kampagne “GleichBeHandeln”, um sicherzustellen, dass Menschen ohne Angst zum Arzt gehen können.

Es ist an der Zeit, Einwanderungskontrolle und Gesundheitsversorgung endlich voneinander zu trennen, wie bereits von mehreren UN-Menschenrechtsausschüssen gefordert. Die Europäische Kommission hat nun 12 Monate Zeit, um eine mögliche Verletzung des EU-Rechts zu prüfen. Falls ein Verstoß vorliegt, kann die Kommission ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren einleiten.



Quelle: Ärzte der Welt e.V. / ots

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