Fretterode-Prozess: Neonazi-Täter nutzen Taktik der Verzögerung!

Fretterode-Prozess: Neonazi-Täter nutzen Taktik der Verzögerung!
Göttingen, Deutschland - Im Fretterode-Verfahren, das derzeit noch immer in der Schwebe ist, beklagen die Anwälte der Nebenklage eine Hinhaltetaktik des Landgerichts Mühlhausen. Trotz der schweren Vorwürfe, die auf zwei Neonazis lasten, versäumt es das Gericht, einen neuen Verhandlungstermin festzulegen. Wie taz.de berichtet, hat ein Göttinger Nebenkläger bereits eine Verzögerungsrüge erhoben. Die Angelegenheit liegt mittlerweile mehr als 14 Monate nach der Rückverweisung durch den Bundesgerichtshof (BGH) aufgrund von Verfahrensfehlern auf Eis.
Der Überfall ereignete sich im April 2018, als zwei Journalisten, die ein Treffen von Rechtsextremen dokumentieren wollten, durch die Umgebung von Thorsten Heise verfolgt und schwer verletzt wurden. Heise, ein einflussreicher Akteur im militanten Neonazismus, ist der Bundesvize der NPD, die sich mittlerweile in „Die Heimat“ umbenannt hat. Die Neonazis waren mit einem Messer und einem Schraubenschlüssel bewaffnet und attackierten die Journalisten brutal. Laut fr.de erlitt einer der Reporter eine Stichverletzung, während sein Kollege mit einer Schädelfraktur ins Krankenhaus gebracht werden musste.
Gerichtsurteil und dessen Folgen
Im September 2022 verurteilte das Landgericht Mühlhausen die Täter zu lediglich milden Strafen: eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und 200 Arbeitsstunden. Es wurde kein gezielter Angriff auf die Presse oder eine politische Motivation anerkannt. Diese Entscheidung wurde von der Staatsanwaltschaft und den Nebenklägern scharf kritisiert, da die Neonazis zudem vom Vorwurf des Raubes freigesprochen wurden. Die Beweiswürdigung wurde vom BGH als „lückenhaft“ bezeichnet, was letztlich zur Aufhebung des Urteils führte.
Die Anwälte der Nebenkläger äußern sich pessimistisch über die Chancen einer fairen Verhandlung in Mühlhausen. Gemeinsam mit dem Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam kritisieren sie, dass hier die Justiz versage und strenge Urteile vermissen lassen. Das Gericht hingegen weist die Vorwürfe der Verzögerung zurück und führt personelle Engpässe sowie die Zeit während der Corona-Pandemie als Gründe an.
Ein Blick auf die rechtsextreme Szene
Während der Prozess weiterhin auf sich warten lässt, lohnt sich ein Blick auf die aktuellen Entwicklungen in der rechtsextremen Szene. Wie der Verfassungsschutz berichtet, ist das Personenpotenzial der gewaltorientierten Rechtsextremisten auf etwa 15.300 Personen angestiegen. Im Jahr 2024 wurden mehr als 37.800 rechtsextremistische Straftaten registriert – ein besorgniserregender Anstieg um 47,4 % im Vergleich zum Vorjahr. Zudem stieg die Zahl der Gewalttaten um 11,6 % auf 1.281.
Besonders alarmierend sind die Zuwächse bei Körperverletzungsdelikten mit fremdenfeindlichem Hintergrund und bei fremdenfeindlichen Gewalttaten. Hier stellt sich die Frage, wie der Kampf gegen diese Entwicklung weitergeführt werden kann und ob ein gerechtes Urteil in Mühlhausen tatsächlich zu erzielen ist. Der Fall der Journalisten könnte somit ein wegweisendes Beispiel für die gesamte rechtliche Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in Deutschland darstellen.
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Ort | Göttingen, Deutschland |
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