Wohnungsnot in Göttingen: Frauen besonders gefährdet – Politik gefordert!
Göttingen kämpft mit Wohnungslosigkeit, besonders unter Frauen. Analyse der aktuellen Situation und mögliche Lösungen.

Wohnungsnot in Göttingen: Frauen besonders gefährdet – Politik gefordert!
Was geht in Göttingen? Die Frage nach der Wohnungslosigkeit beschäftigt die Stadt und ihren Landkreis zunehmend. Laut der offiziellen Statistik des Statistischen Bundesamtes lebten zum 31. Januar 2022 etwa 1350 Menschen ohne eigenen Mietvertrag in Göttingen, eine Zahl, die in den letzten Jahren nicht gesunken ist. Der promovierte Soziologe Prof. Timo Weishaupt hat die Situation genau im Blick und schätzt, dass rund 400 wohnungslose Menschen in Kontakt mit dem Hilfesystem stehen und eine postalische Anschrift haben. Versteckte Wohnungslosigkeit und Couchsurfing tragen dazu bei, dass die wahre Zahl der Betroffenen zwischen 1000 und 1300 liegen könnte. Beängstigende 1% der Göttinger Bevölkerung ist betroffen.
Wie es um die Hilfsangebote in der Stadt steht? Weishaupt zeigt auf, dass diese nicht ausreichend sind – insbesondere für wohnungslose Frauen. Ein Beispiel dafür ist die Heilsarmee, die im Zeitraum von März bis November 2023 insgesamt 343 Übernachtungen für 49 Frauen verzeichnete. 61 Frauen haben nach einem stationären Wohnplatz gefragt, doch das Frauenhaus muss jährlich bis zu 40 wohnungslose Frauen abweisen – ein bezeichnendes Zeichen für den bestehenden Wohnraummangel in Göttingen.
Die Rolle der Politik
Besonders die Politik steht in der Kritik, weil sie nicht genug für bezahlbaren Wohnraum tut. Wie vom Wirtschaftsgeografen Dr. Hans-Dieter von Frieling hervorgehoben wird, fehlten 2023 in Göttingen stolze 2100 bezahlbare Wohnungen. Das hat direkte Folgen für besonders betroffene Gruppen wie Alleinerziehende und ältere Menschen, die auf kleinere Wohnungen angewiesen sind. Laut dem UN-Sozialpakt hat jeder Mensch das Recht auf Wohnen, jedoch wird dieses Recht in Göttingen viel zu oft verwehrt.
Weishaupt warnt zudem vor möglichen Folgen von Änderungen im Bürgergeld, die Kürzungen bei Geldzahlungen und Unterkunftskosten mit sich bringen könnten. „Das könnte zu einem Anstieg der Wohnungslosigkeit führen“, so seine Besorgnis. Es ist klar, dass die Stadt mehr tun muss, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen.
Besondere Herausforderungen für Frauen
Ein besonderes Augenmerk liegt auf den weiblichen Betroffenen. Häusliche Gewalt ist ein häufiger Auslöser für ihre Wohnungslosigkeit, und Frauen sind oft verdeckt wohnungslos, leben bei Bekannten oder Verwandten. Diese Lebenssituation geht häufig mit Anpassungsdruck und Abhängigkeit einher. Die Hilfsangebote müssen darauf abgestimmt werden, um diese Frauen besser zu unterstützen. Die spezielle Streetworktour von Frauen für Frauen und ein Treffpunkt in der Bahnhofsmission sind bereits Schritt in die richtige Richtung.
Um die Situation zu verbessern, plant die Stadt, einen zweiten Standort für Frauen in der Heilsarmee zu eröffnen. Das allein wird jedoch nicht ausreichen. Es wird gefordert, dass Mindeststandards für Notunterkünfte festgelegt werden, um die Bedingungen für wohnungslose Menschen zu verbessern und die Hilfsangebote insgesamt attraktiver zu gestalten. Viele kritisieren die derzeitige Präsentation dieser Angebote auf der Website der Stadt, die als wenig einladend empfunden wird.
Die gesellschaftliche Verantwortung
Die Problematik der Wohnungslosigkeit scheint in Göttingen wie ein ungelöstes Rätsel. Die AG-Frauen im Sozial-psychiatrischen Verbund von Stadt und Landkreis organisierte bereits einen Fachtag unter dem Motto „Sicherheit beginnt bei den eigenen vier Wänden“. Gemeinsam gilt es den Dialog zu suchen und Lösungen zu finden. Die Bevölkerung wird ermutigt, aktiv zu werden, sei es durch Gespräche oder ehrenamtliche Tätigkeiten, um denjenigen zu helfen, die es am nötigsten haben.
Was bleibt, ist die Hoffnung auf eine Veränderung der politischen Rahmenbedingungen und ein Umdenken in der Gesellschaft. Es ist an der Zeit, dass Wohnraum nicht nur ein luxuriöses Gut ist, sondern ein Recht für alle wird. Göttinger Tageblatt und HNA zeigen uns eindrucksvoll, wie dringend diese Veränderungen gefordert sind. Der BBSR liefert mit seinem Bericht 2024 den gesamtdeutschen Überblick über die Situation wohnungsloser Menschen, der uns alle zum Nachdenken anregen sollte.