Blindenvereinschef fordert: So muss der ÖPNV für alle verständlich sein!

Blindenvereinschef fordert: So muss der ÖPNV für alle verständlich sein!
Neubrandenburg, Deutschland - Die Fragen nach der Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr beschäftigen sowohl die Betroffenen als auch die Verantwortlichen. Aktuell geht es in Neubrandenburg um die Sichtweise der Blinden- und Rollstuhlfahrer. Raimar Schwarz, der Chef des Neubrandenburger Blindenvereins und Mitglied im ÖPNV-Beirat der Mecklenburgischen Seenplatte, hat in einem Vortrag verschiedene Formen der Beeinträchtigung und die Herausforderungen im öffentlichen Nahverkehr angesprochen. Besondere Aufmerksamkeit erregte er mit der Tatsache, dass es keine hundertprozentige Barrierefreiheit gibt und dass die Anforderungen von Blinden und Rollstuhlfahrern sich manchmal gegenseitig ausschließen, wie Schwarz anmerkt. Es ist ein Spagat, den der Verkehrsbetrieb bewältigen muss.
Schwarz brachte unter anderem zur Sprache, dass der Schienenersatzverkehr häufig Reisebusse nutzt, die für Rollstuhlfahrer ungeeignet sind. Auch die Haltewunschknöpfe in einigen Bussen sind für Rollstuhlfahrer oft nicht erreichbar. Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf den „stummen Bussen“ der Stadt, die keine akustischen Ansagen machen. Er berichtete von Schwierigkeiten, die Busse am Zentralen Busbahnhof zu identifizieren, wo mehrere Linien gleichzeitig abfahren. Schwarz betonte: „Es ist peinlich, als Behinderter ausgeschlossen zu werden.“ Über die Probleme hinaus wies er auf andere Städte wie Chemnitz, Nürnberg und Berlin hin, die bereits bessere Lösungen im ÖPNV anbieten.
Barrierefreiheit im ÖPNV: Ein notwendiges Ziel
Der öffentliche Nahverkehr in Deutschland wird kontinuierlich auf Barrierefreiheit getrimmt, eine Entwicklung, die nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft von Bedeutung ist. Laut deutschland-barrierefrei.de gibt es an Haltestellen und Bahnhöfen mittlerweile Rampen, Leitsysteme und Bodenmarkierungen. Diese Maßnahmen sind für Menschen im Rollstuhl oder mit Sehbehinderungen von wesentlicher Bedeutung. Dennoch gibt es auch hier noch viele Hürden zu überwinden, wie die nicht immer umfassende Erneuerung von Kopfsteinpflaster oder problematische Zugänge zu Bahnhöfen.
Eine Inklusionsstudie, die in Nürnberg durchgeführt wurde, zeigt, dass 63% der Befragten Einschränkungen im Nah- und Fernverkehr erfahren. Peter Vogt, Vorsitzender des Behindertenrates, bestätigt, dass es immer noch Haltestellen gibt, die nicht barrierefrei sind. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr bis 2026 vollständig umzusetzen. Dazu werden barrierefreie Mobilitätsstationen weiter ausgebaut, und es fließen Mittel für notwendige Umbauten.
Herausforderungen und Ausblicke
Laut dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) hätte bis zum 1. Januar 2022 die vollständige Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr erreicht sein müssen. Leider ist dieser Termin verstrichen, und die Realität sieht anders aus. Verantwortlich sind kreisfreie Städte und Landkreise, die sich mit hohen Kosten und unzureichenden Mitteln konfrontiert sehen. Das fehlt noch an finanzieller Unterstützung, sowohl vom Bund als auch von den Ländern, um die nötigen Umbauten durchführen zu können.
Die Umsetzung ist weiterhin ein zähes Unterfangen. Viele Sanierungsprogramme stecken in der Warteschleife, und häufig haben die Kommunen nicht ausreichend Mitarbeitende, die sich um die Planung des barrierefreien Nahverkehr kümmern können. Priorisiert werden oft zentrale Verkehrsknotenpunkte mit hohem Nutzungsaufkommen. Die Herausforderung bleibt, dass viele ältere Haltestellen, die zusätzlich umgebaut werden müssen, irgendwann auf die Agenda kommen müssen.
Durch die verschiedenen Ansätze und das Engagement von Menschen wie Raimar Schwarz können Aha-Effekte innerhalb der Gremien erzeugt werden. „Denn Behinderung ist keine Eigenschaft, sie passiert durch die Umgebung“, so lautet eine klare Botschaft des Behindertenbeirats. Es ist Zeit, dass Ordnungspolitik und Verkehrsbetriebe ein gutes Händchen zeigen und gemeinsam daran arbeiten, die Barrierefreiheit im Nahverkehr zu verbessern.
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Ort | Neubrandenburg, Deutschland |
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