Millionen-Erbe: Gericht stoppt Testament wegen fehlender Testierfähigkeit
Millionen-Erbe: Gericht stoppt Testament wegen fehlender Testierfähigkeit
Celle, Deutschland - Was geschieht, wenn jemand ohne die nötige geistige Klarheit ein Testament verfasst? Diese Frage beschäftigt aktuell Erben und Juristen zugleich. Wie das Oberlandesgericht Celle feststellen musste, tragen die Erben das volle Risiko, wenn der Erblasser nicht testierfähig war. Dies wurde deutlich in einem Fall, bei dem ein Steuerberater auf ein Millionenvermögen hoffte, jedoch aufgrund der Testierunfähigkeit der Erblasserin leer ausging. Die 2015 verstorbene, alleinstehende und kinderlose Frau hatte den Steuerberater sowohl 2008 im Testament als auch 2014 in einem notariellen Erbvertrag als Alleinerben eingesetzt. Doch nach ihrem Tod meldeten sich Verwandte, die die Testierfähigkeit anzweifelten.
Ein psychiatrisches Gutachten wies nach, dass die Erblasserin an einer wahnhaften Störung litt und somit nicht in der Lage war, ihren Willen frei zu bilden. Das Amtsgericht Hannover erklärte daraufhin den Erbvertrag für unwirksam, was das OLG Celle bestätigte. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass selbst ein notariell beurkundeter Erbvertrag nicht vor der Nichtigkeit schützt, sollte zum Zeitpunkt der Errichtung die Testierfähigkeit gefehlt haben. Dieses Risiko betrifft insbesondere alle, die beim Erstellen eines Testaments auf die Erbfolge pochen.
Testierfähigkeit im Detail
Was bedeutet Testierfähigkeit eigentlich genau? Nach § 2229 des Bürgerlichen Gesetzbuches muss der Testator, also derjenige, der das Testament erstellt, in der Lage sein, die Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidungen zu erkennen. Die Testierfähigkeit erfordert eine geistige Fähigkeit, die vor krankhaften Störungen frei sein muss. Diese Regelung gilt für alle Arten von letztwilligen Verfügungen – sei es ein handschriftliches Testament oder ein notarieller Erbvertrag. So wird es notwendig, zum Zeitpunkt der Willenserklärung die eigene Willensbildung klar und verständlich zu verfolgen, ohne dass äußere Beeinflussung das Urteil trübt.
Freie Willensbildung bedeutet, dass der Erblasser in der Lage sein muss, Gesichtspunkte sachlich zu prüfen und abzuwägen. Hierbei können verschiedene psychische Störungen hinderlich sein – dazu gehören wahnhafte Syndrome, Psychosen und affektive Störungen. Daher können Charaktereigenschaften, wie Gedächtnisstörungen oder eine veränderte Realitätswahrnehmung, zur Testierunfähigkeit führen. Spannend ist zudem, dass der Zustand des Testators zum Zeitpunkt der Willenserklärung entscheidend ist; frühere Äußerungen zählen rechtlich nicht.
Praktische Konsequenzen für Erben
Für die Erben bedeutet das, dass sie bei Zweifeln an der Testierfähigkeit unbedingt eine Prüfung des Testaments in Auftrag geben sollten. Ein anfechtbares Testament kann nicht nur Zeit kosten, sondern auch zu langwierigen Erbstreitigkeiten führen. Vor allem, wenn psychische Auffälligkeiten des Erblassers erkennbar sind, kann es sinnvoll sein, sich die Unterlagen durch das Nachlassgericht genauer anschauen zu lassen. Verschiedene Beweismittel, wie Gutachten des MDK oder Gerichtsakten, spielen hier eine zentrale Rolle, um die Testierfähigkeit festzustellen.
Durch die Entscheidung des OLG Celle wurde eindrucksvoll unterstrichen, dass das Risiko von Testierunfähigkeit nicht leichtfertig übernommen werden kann. Auch gutgläubige Erben befinden sich oft in einer schwierigen Situation, denn es gibt keinen Vertrauensschutz. Sogar langfristige, enge Beziehungen zum Erblasser helfen nicht, wenn das Testament als unwirksam erachtet wird. Da könnte der Steuerberater ein Lied davon singen, denn am Ende blieb ihm nur das Wissen eines gescheiterten Erbes.
Für alle, die ein Testament errichten möchten, gilt: Es lohnt sich, tiefer ins Thema Testierfähigkeit einzutauchen. Damit besichert man nicht nur den eigenen Willen, sondern bewahrt auch den lieben Frieden in der Familie. Man sollte immer auf Nummer sicher gehen – zum eigenen Schutz und dem der Nachkommen.
Details | |
---|---|
Ort | Celle, Deutschland |
Quellen |