Nord-Süd-Gefälle: Wer trägt die Last der Bundeswehr in Deutschland?

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Norddeutschland trägt die Hauptlast der Bundeswehr-Rekrutierung; wirtschaftliche Unterschiede prägen die Verteidigungsstrukturen.

Norddeutschland trägt die Hauptlast der Bundeswehr-Rekrutierung; wirtschaftliche Unterschiede prägen die Verteidigungsstrukturen.
Norddeutschland trägt die Hauptlast der Bundeswehr-Rekrutierung; wirtschaftliche Unterschiede prägen die Verteidigungsstrukturen.

Nord-Süd-Gefälle: Wer trägt die Last der Bundeswehr in Deutschland?

Die Bundeswehr steht vor großen Herausforderungen, und das vor allem im Kontext der gelebten Realität in Deutschland. Bis Ende 2027 plant Deutschland die Aufstellung einer neuen Brigade in Litauen, mit 4800 Soldatinnen und Soldaten, die an der Ostflanke der NATO ihre Aufgaben wahrnehmen werden. Der Schwerpunkt der Rekrutierung zeigt jedoch ein markantes Nord-Süd-Gefälle. Dies geht aus einem aktuellen Bericht hervor, der die Herkunft der Soldatinnen und Soldaten untersucht, und unterstreicht, wie unterschiedlich die Lasten der Verteidigung auf die verschiedenen Bundesländer verteilt sind. So leben in Mecklenburg-Vorpommern beeindruckende 529 Soldaten pro 100.000 Einwohner, während in Bayern nur 188 und in Baden-Württemberg gar nur 105 Soldaten zu finden sind. In den Stadtstaaten sieht es ähnlich schwach aus: In Berlin kommen lediglich 118 Soldaten auf 100.000 Einwohner, in Hamburg 175 und in Bremen 185.

Ein Grund für diese Verteilung könnte in den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Regionen liegen. Laut dem Kettner Edelmetalle tragen wirtschaftlich schwächere Gegenden, insbesondere im Norden und Osten, die Hauptlast der Landesverteidigung. Hier sei der Dienst bei der Bundeswehr oftmals die einzige berufliche Perspektive. So riskieren Söhne und Töchter aus strukturschwachen Regionen ihr Leben in Auslandseinsätzen, während die wirtschaftlich stärkeren Gebiete wie Süddeutschland, in denen viele große Unternehmen ansässig sind, oft nur bedingt zur Sicherstellung der Verteidigung beitragen. Dieses Ungleichgewicht wirft Fragen zur Gerechtigkeit auf. In der aktuellen Weltlage, geprägt durch den Ukraine-Krieg und die Bedrohung aus Russland, wird die Verantwortung für die Sicherheit zunehmend relevant.

Aufgaben der Bundeswehr wachsen

Die Aufgaben der Bundeswehr wachsen nicht nur, weil neue Truppen in Litauen stationiert werden, sondern auch aufgrund der ständig steigenden Anforderungen. Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter äußert Bedenken hinsichtlich der Effektivität des freiwilligen Wehrdienstes und dessen Fähigkeit, den Bedarf an ausreichend ausgebildeten Soldaten zu decken. Studien besagen, dass der aktuelle Personalbestand von 182.000 Soldaten auf 260.000 Berufssoldaten aufgestockt werden soll, und eine Reserve von 200.000 ehemaligen Wehrdienstleistenden geplant ist. Aber wie kann das gelingen? Einige Experten fordern dringend mehr gesellschaftliche Wertschätzung für die Soldaten, um die Rekrutierung zu fördern und den Nachwuchs sicherzustellen.

Laut DW liegt die Zielvorgabe für die Bundeswehr bei 203.000 Soldaten. Allerdings zeigt ein besorgniserregender Trend, dass trotz gestiegener Bewerberzahlen im Jahr 2024 jeder Vierte die Bundeswehr innerhalb der ersten sechs Monate verlässt. Ein Grund hierfür kann der Wunsch nach Einsätzen in der Nähe des Heimatortes sein, was nicht immer erfüllt werden kann. Eva Högl, die Wehrbeauftragte des Bundestages, betont die Notwendigkeit einer vollständig einsatzbereiten Bundeswehr in der gegenwärtigen Zeit.

Erforderliche Maßnahmen zur Verbesserung

Ein zentraler Punkt in der Diskussion ist die Ausstattung der Bundeswehr. Nach dem rasant zunehmenden Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Verbesserung der militärischen Kapazitäten, die vor allem nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine beschleunigt wurde, gibt es einen signifikanten Handlungsbedarf. Während der Fokus auf die Beschaffung schnell einsatzfähiger Gerätschaften wie Kampfflugzeuge und Panzer gelenkt wurde, bleibt die Bereitstellung von funktionstüchtigem Großgerät und Ersatzteilen eine Herausforderung.

Die Debatte um einen möglichen verpflichtenden Dienst für junge Menschen ist ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Högl schlägt ein „Gesellschaftsjahr“ vor, das sowohl bei der Bundeswehr als auch in sozialen Einrichtungen geleistet werden kann. Dies könnte helfen, neue Möglichkeiten für die Personalgewinnung zu schaffen und gleichzeitig einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Die Überlegung ist, gesellschaftliche Verantwortung zu fördern und die Soldaten besser zu integrieren.

Die Situation der Bundeswehr und die Verteilung der Soldaten zeigen, dass hier ein umso wichtigerer gesellschaftlicher Diskurs notwendig ist. Es bleibt zu hoffen, dass die wohlhabenden Regionen ihren fairen Anteil zur Landesverteidigung leisten und somit die Lasten gerechter verteilt werden. Denn letztlich geht es um die Sicherheit aller.