Wissenschaftler erkunden Weißwassers industrielle Zukunft und Vergangenheit

Wissenschaftler erkunden Weißwassers industrielle Zukunft und Vergangenheit

Weißwasser, Deutschland - In Weißwasser, einer Stadt, die einst im Glanz der Glasindustrie erstrahlte, findet zurzeit ein spannendes Forschungsprojekt statt. Wissenschaftler der Universität Greifswald haben sich auf die Reise gemacht, um die Vergangenheit und die Zukunft dieser Gegend zu erkunden. Im Rahmen des Projekts „Voices from the Periphery“ soll untersucht werden, was diese Region von ähnlichen Städten in Großbritannien trennt und verbindet. Besonders im Fokus stehen dabei die industrielle Geschichte und die Lebensgeschichten der Anwohner.

Der projektverantwortliche Dr. Andy Räder, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaft, leitet die Gespräche mit den Bürgern in Weißwasser. Am kommenden Mittwoch wird ein „Erzählcafé“ veranstaltet, das den Bewohnern die Gelegenheit gibt, ihre Erinnerungen und Eindrücke vom Wandel der Stadt zu teilen. Eingeladen sind vor 1970 geborene Personen, die die Entwicklungen in Weißwasser vor und nach der Wende miterlebt haben. Erste Gespräche zeigen bereits, dass die Bürger trotz des industriellen Niedergangs Positives aus ihrer Zeit erzählen können. Der demografische Wandel hingegen ist nicht zu übersehen: Seit der Wende hat die Stadt über 20.000 Einwohner verloren und beherbergt heute nur noch etwa 15.000 Menschen.

Die Industrielle Vergangenheit

Die Wahl von Weißwasser als Forschungsstandort ist kein Zufall. Im 19. Jahrhundert war die Stadt ein pulsierendes Zentrum der europäischen Glasindustrie. Über 75% der Einwohner verdienten ihren Lebensunterhalt in der Glasbranche. Selbst heute wird die geschichtliche Bedeutung des Glases in der Region gewürdigt, unter anderem im Glasmuseum Weißwasser, das wirtschafts- und sozialhistorische sowie kunsthistorische Aspekte behandelt.

Die Formgebung und Verarbeitung von Glas haben durch die industrielle Revolution eine wesentliche Wandlung erfahren. Innovatoren wie Otto Schott und Ernst Abbe legten in Jena den Grundstein für die moderne Glastechnologie, und Friedrich Siemens erfand den Wannenofen, der die kontinuierliche Produktion ermöglichte. Der Muskauer Faltenbogen erwies sich als ein idealer Standort, dank der geologischen Bedingungen, die den Abbau von Rohstoffen wie Braunkohle und Quarzsand ermöglichten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in der Region elf Glashütten und bis zu 47 weitere in der Umgebung, was den wirtschaftlichen Aufschwung weiter beflügelte.

Ein Blick in die Zukunft

Das langfristige Ziel des Forschungsprojekts, das 2022 begonnen hat und bis 2027 abgeschlossen sein soll, ist es, die Konsultationen und Interviews mit den Bewohnern zu nutzen, um gemeinsam ein besseres Verständnis für die Identität der Stadt zu entwickeln. Nach den Gesprächen mit den Bürgern sollen Einzelinterviews und eine Medienanalyse folgen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und verschiedene britische Institutionen unterstützen das Projekt. Im Moment hat die Projektgruppe bereits Gespräche in Lauchhammer abgeschlossen und ist in Eisenhüttenstadt zur Hälfte fortgeschritten, nun steht Weißwasser auf dem Programm.

Die Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen. Der Rückgang der einst blühenden Kernindustrie fordert neue Ideen und Alternativen, um die Stadt zukunftsfähig zu machen. Die Erzählungen der Einwohner könnten dabei helfen, einen Weg in die Zukunft zu finden, den die Stadt unbedingt braucht.

Wie der Rückblick auf die glorreiche Industriegeschichte von Weißwasser zeigt, könnte das Bekenntnis zur eigenen Vergangenheit und der Austausch unter den Bürgern der Schlüssel sein, um auch kommende Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Es bleibt spannend zu sehen, welche Erkenntnisse aus dem Projekt „Voices from the Periphery“ hervorgehen werden.

Für mehr Informationen über die Glasstadt Weißwasser und ihre Geschichte besuchen Sie das Glasmuseum Weißwasser oder erkunden Sie die Vielzahl an Publikationen zur Glasindustrie, die sich mit dieser bedeutenden Epoche auseinandersetzen. Informationen dazu gibt es unter sächsische.de, saxorum, und iku-sachsen.

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OrtWeißwasser, Deutschland
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